Die AfD hat bei den Landratswahlen im Nordosten der BRD eine deutliche Niederlage erlitten.
bearbeitet von Plancius, Sonntag, 01.06.2025, 16:21
Am vergangenen Sonntag waren Stichwahlen frü den neuen Landrat in 3 Landkreisen in M-V. Vorpommern-Greifswald, Vorpommern-Rügen und Mecklenburgische Seenplatte.
Die AfD hat sich insbesondere hohe Chancen auf den Landratsposten im Kreis MSE (Mecklenburgische Seenplatte) versprochen. Sie schickte hier ihren überaus populären Landessprecher Enrico Schult gegen den vergleichsweise blassen CDU-Kandidaten Thomas Müller ins Rennen.
Es traten zu Beginn isngesamt 5 Kandidaten in MSE an. Schult (AfD) ging hier mit 37% als deutlicher Gewinner hervor. Müller (CDU) erhielt 26% im ersten Wahlgang und das bei einer Wahlbeteiligung von 48%.
Nach dem ersten Landratsposten in Sonneberg durch Robert Sesselmann (AfD) sollte E. Schult in MSE das zweite Landratsamt für die AfD holen. Die AfD wollte zeigen, dass sie im flächenmäßig größten Landkreis Deutschlands in der Lage ist, beim Kampf Mann gegen Mann die absolute Mehrheit zu holen und den Gegenkandidaten der Altparteien zu deplatzieren.
Die Sterne für die AfD in der Stichwahl standen sehr gut. E. Schult, Mitte vierzig, hat sich im Landtag einen guten Namen erarbeitet, bei der Landtagswahl hat er als einziger Kandidat überhaupt deutlich mehr Erststimmen als Zweitstimmen erhalten. Er ist redegewandt, bespielt die neuen Medien und sozialen Netzwerke mit Bravour, kommt gut bei den Frauen an, ist der gut aussehende, eloquente Typ Schwiegersohn für die reifere Generation, und hat zuletzt, nicht minder wichtig, ein gutes Standing in der Region.
Er kämpfte wochenlang fast jeden Tag an Infoständen auf den Marktplätzen oder in Bürgerdialogen in den Sälen des Landkreises. Die Medien waren voll von Berichten über seine Aktivitäten. Die Messerattacken einen Tag vor der Wahl auf dem Hamburger Hauptbahnhof sollten überdies den Systemkritikern zusätzliche Motivation geben, an die Wahlurne zu gehen.
Demgegenüber ist sein Herausforderer T. Müller (CDU) kaum in Erscheinung getreten. Er, ein biederer, blasser Bürokrat aus der Verwaltung, kurz vorm Pensionsalter, scheint die Auftritte in der Öffentlichkeit nicht zu lieben.
Die AfD zielte darauf ab, dass ihre Wählerschaft in der Stichwahl geschlossen zur Wahl geht. Auch wenn einige der Wähler des SPD- und LINKE-Kandidaten für den CDU-Mann Müller stimmen, sollte es für die AfD reichen, wenn denn die Mobilisierung ihrer Wählerschaft funktioniert. Erfahrungsgemäß sinkt die Wahlbeteiligung in einer Stichwahl auf ca. 30% ab. Und nebenbei, welche Motivation sollte ein SPD- oder LINKE-Wähler haben, in einer Stichwahl ausgerechnet dem ungeliebten CDU-Mann die Stimme zu leihen. Dafür ist eine Landratswahl letztendlich doch zu unbedeutend, als sich nochmals an einem Sonntag zum Wahllokal zu schleppen. Außer natürlich einigen Unbelehrbaren, die dem Aufruf der SPD und LINKE folgen, in der Stichwahl den CDU-Mann zu unterstützen, um ja nicht den Faschismus im Kreis MSE wieder auferstehen zu lassen.
Die Altparteien wussten, welche Gefahr ihnen von Seiten des populären AfD-Kandidaten droht. Sie inszenierten vor der Stichwahl eine Kampagne gegen Schult, wo er angeblich einen behinderten LINKE-Politiker nachgeäfft haben soll. Riesige Transparente wurden aufgehangen mit der Inschrift "Ich will keinen SCHULT haben. Wählen gehen". Im Internet poppte andauernd eine Anzeige der NGO Campact hoch, wo der Untergang des Landkreises MSE beschworen wurde, wenn er denn an die AfD fällt.
Die AfD war jedoch weiterhin frohen Mutes. Man konnte sich nicht vorstellen, dass die Bürger die billige Propaganda der Medien und der Altparteien nicht durchschauen und sich davon beeindrucken lassen. Man ging davon aus, dass sich diese Art von Wählerbeeinflussung überholt hat und die Altparteien damit ein totes Pferd reiten.
Doch es kam für die AfD anders als erhofft. In der Stichwahl musste sich Schult (AfD) seinem Sparringspartner Müller (CDU) mit 40% zu 60% Prozent der Stimmen eindeutig geschlagen werden. Statt eines Kopf-an-Kopf-Rennens konnte Müller 20.000 Stimmen mehr für sich gewinnen.
Die AfD konnte ihre Wählerschaft wohl mobilisieren. Schult bekam mehr Stimmen als im ersten Wahlgang, aber Müller erhielt mehr als doppelt so viele Stimmen wie 14 Tage vorher. Die Wahlbeteiligung war mit 44% erstaunlich hoch, ein für die BRD bemerkenswerter Vorgang.
Die Wähler in MSE haben nicht gegen den AfD-Kandidaten E. Schult gestimmt, sondern sie haben eindeutig der AfD seignalisiert: Wir wollen euch in der Mehrheit hier nicht haben. Das ist wohl die bitterste Lektion aus der Landratswahl für die AfD.
Letzten Endes hat sich gezeigt, dass die AfD trotz eines sich permanent verschlechternden Umfeldes nicht in der Lage ist, das Altparteinkartell beim Kampf Mann gegen Mann zu schlagen. Noch schlimmer - in etlichen Wahlkreisen konnte noch nicht einmal das gute Ergebnis der EU- und Kommunalwahl des letzten Jahres erzielt werden. Denn dort wo das BSW antritt, verliert die AfD sofort 10 - 15 Prozentpunkte.
Auch für diese Wähler ist die AfD nur ein Notnagel. Der Wunsch nach Sozialismus und Nannystaat mit Umverteilung sitzt bei großen Teilen der Bevölkerung sehr tief. Eine Partei, die auf Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und weniger Umverteilung setzt, hat es auch im Osten zur Zeit noch sehr schwer und ist wohl aktuell nicht mehrheitsfähig.
Gruß Plancius
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"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER