Hallo in die Runde,
Ulf Poschardt, Herausgeber WELT, ordnet ein (WELT-Online vom 11.06.2025 um 16:04 Uhr):
"Mit naiven Manifesten wird man den Krieg nicht beenden
Ein Veteranenclub veröffentlicht ein Manifest. Es ist die alte SPD, die im Windschatten der verdienstvollen Ostpolitik Willy Brandts die Hoffnung auf ein restauriertes Verhältnis zu Russland nicht aufgeben will. Dagegen ist nichts einzuwenden. Doch die Genossen verweigern sich der Realität.
„Ich hoffe, dass meine Ehe so stabil ist, wie die Moskau-Connection in der SPD“, bonmotete die Ex-Grünenchefin Ricarda Lang vor wenigen Tagen – als es einmal wieder die Sozialdemokraten waren, die sehnsüchtig Richtung Osten blickten. Und dabei darauf hofften, dass aus der alten Idee der Ost-West-Versöhnung irgendwie neue Realität werden könnte.
Nun haben „prominente“ Genossen, wie es so schön im Journalisten-Deutsch heißt, ein sogenanntes Manifest vorgelegt. Dabei wirken die Namen der Unterzeichnung ebenso niedlich-nostalgisch wie der „Stern“ als Abspielort für so ein Manifest.
Es ist die alte SPD, die da im Windschatten der verdienstvollen Ostpolitik von Willy Brandt die Hoffnung auf ein restauriertes Verhältnis zu Russland nicht aufgeben will. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Nur müssten gerade die Linken in der SPD wissen, dass es ja nicht antirussische Gefühle sind, welche die deutsche Außenpolitik so konfrontativ gegen Russland werden ließen, sondern Putins Aggressionen. Der Alleinherrscher hat sein Land mit den eigenen Größen-Ich-Vorstellungen vertäut. Putin will keinen Frieden, das musste jetzt auch sein vermeintlicher „Bro“ Donald Trump im Oval Office erkennen.
Putin hält die moderne Ukraine für einen historischen Fehler und für ein künstliches Gebilde, das durch Zufälle entstanden sei. Im Juli 2021 veröffentlichte er einen Essay über „die historische Einheit von Russen und Ukrainern“ und argumentierte, dass Russen, Ukrainer und Weißrussen „ein Volk“ seien.
Vor diesem Hintergrund: Die gebildeten Sozis, zu denen Rolf Mützenich, Ralf Stegner und auch der alte Hans Eichel zweifellos gehören, verweigern sich der Realität. Putin will sich die Ukraine einverleiben. Er hält nichts von ihrer Existenz. So wie der Iran Israel nicht anerkennt.
Es ist die Schwäche des Manifestes, dass es trotz wertvoller Hinweise über die Rolle der Diplomatie und auch dem Wir-wollen-mit-euch-Signal in Richtung Russland diese brachiale und seit 2022 mörderische Klarheit Putins verdrängt und ignoriert. Putin fordert den Westen heraus, nach außen selbstbewusst, nach innen aber im Bewusstsein der Niederlage, die das ewig lange Gemetzel eben auch ist. Gleichzeitig testet er den Westen aus, und will sehen, wie weit er gehen kann. Bei den Sozialdemokraten ziemlich weit, hat er gelernt.
Nun veröffentlicht da nicht „die SPD“, sondern ein Veteranenclub. Aber dessen Haltung ist in der Sozialdemokratie sehr lebendig. Mützenich hat damit auch in den Ampel-Jahren oft die Politik des SPD-Kanzlers unterlaufen und unterminiert. Aber tatsächlich ist die Außenpolitik nun ganz in CDU-Händen. Bundeskanzler Friedrich Merz versteht sich als ein „Adenauer 2“ mit der Vision, Europa und den Westen wieder zu sortieren. Der Außenminister von der Union eilt ihm nach. So irrlichternd zuletzt seine Bemerkungen zu Israel waren, so klar sind sie in Sachen Westbindung, Europa und auch bei der Konfrontation mit Putin.
Der Krieg in der Ukraine muss enden. Er geht schon lange genug. Nur: Das hat mit der SPD kaum noch etwas zu tun. Die Entscheidungen werden im Kanzleramt getroffen, und die Rolle der alten Genossen wäre es, in der russischen Zivilgesellschaft nach liberalen Stimmen und Milieus zu suchen, die irgendwann wieder ein Gesprächspartner für den Westen sein können. Alles andere ist naiv. Bei der Identifikation der möglichen Keimzellen eines demokratischen und liberalen Post-Putin-Russlands könnte die „Moskau-Connection“ der SPD wirklich für etwas gut sein. Und natürlich wäre eine Friedensordnung mit Russland (aber ohne Putin oder ähnlich gelagerte Gesellen) ein Segen für Europa. Mit Manifesten wird man da aber nicht weiterkommen."
So beschädigt man gemäß betreutem Denken Impulse für Friedensbemühungen.
Gruß Langmut
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Der Unterschied zwischen schlau und dumm.
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